Snapchat – das neue Facebook und das hippe YouTube

Snapchat – das neue Facebook und das hippe YouTube

Kommunikation von heute

Die digitale Kommunikation ist aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Die technischen Revolutionen der heutigen Zeit haben enormen Auswirkungen auf uns und verändern unser Zusammenleben, unsere Kommunikation miteinander und unsere Sicht auf die Welt. In unserer neuen Artikelserie “Kommunikation von heute” widmen wir uns einigen dieser neuen Kommunikationsmittel. Dazu haben wir die Kanäle aus einer anderen, einer soziologischen Perspektive betrachtet. Und was böte sich besser an, als mit dem Marktführer der Social-Media-Apps zu beginnen?

Snapchat

Snapchat besitzt mehr aktive Nutzer als Twitter, um genau zu sein 150 Millionen. Dabei ist die neue Social-Media-App noch nicht allzu lange auf dem Markt, aber bereits auf einem guten Weg das am meisten genutzte soziale Medium aller Zeiten zu werden.

Das Prinzip ist einfach: wir schicken unseren Freunden ein Bild oder ein kurzes Video, mit kurzer Message und die Kontakte können es für 1 bis 10 Sekunden sehen. Der Clou dabei? Die Beiträge verschwinden wie von Geisterhand direkt nach dem anschauen. Das macht Snapchat zum Favoriten für die Nutzer. Aber wie verändern solche Apps unsere Kommunikation?

Immer up to date

Snapchat erschien im Jahr 2011 und das Logo, der kleine Geist auf dem gelben Hintergrund steht für die Kurzlebigkeit der App, welche gleichzeitig ihre wichtigste Eigenschaft ist. Eine Timeline oder ein Profil, wie auf Facebook fehlen und auch Markierungen sind nicht möglich. Kurzlebig, lustig und spontan, Snapchat hat alle die Werkzeuge, um zu überzeugen.

Mit den regelmäßigen Aktualisierungen neuer Emojis, Stickern oder Schriftarten ist Snapchat ein Vorreiter, um seine Nutzer bei Laune zu halten. Videos in Slow-Motion oder rückwärts abspielen, mit hüpfenden Stickern schmücken oder den passenden Song zum Video auswählen? Kein Problem! Sie können Ihr Gesicht mit einem Freund vertauschen oder sich in einen Hund verwandeln. Kitschig? Nein, genau diese Eigenschaft macht Snapchat aus.

Auch Prominente, Unternehmen oder TV-Shows finden Gefallen an Snapchat. So können Kunden am Alltag des Unternehmens teilhaben und hinter die Kulissen schauen. Potenzieller Kundenzuwachs kann durch geschickte Strategien mittels der neuen Medien erreicht werden.

Die stumme Kommunikation

Beim Thema „Kommunikation von heute“ kommen wir an Snapchat nicht vorbei. Nachhaltig verändert die App unser Kommunikationsverhalten – vornehmlich das der jungen Generation. Gerade jetzt, wo Facebook doch endgültig alle Altersschichten miteinander vereint, kommt mit Snapchat ein Konkurrent, der innerhalb kürzester Zeit schon wieder alles auf den Kopf stellt. Wieso ist das so? Wie verändert Snapchat unser Kommunikationsverhalten?

Snapchat hat sich schnell zu einer selbstverständlichen Freizeitbeschäftigung entwickelt. Heute gibt es kaum noch Blogger oder Instagramer, die kein Snapchat Konto haben. Sie benutzen die App, um Momente ihres Lebens mitzuteilen: was sie essen, wie sie sich schminken, wie sie sich heute fühlen…

Kommunikation in Bildern steigt zukünftig weiter, sagt auch die amerikanische Risikokapitalgeberin und Analystin Mary Meeker, die jedes Jahr einen Report über aktuelle Internettrends veröffentlicht. Mehr als 3 Milliarden Fotos werden täglich auf den verschiedensten sozialen Medien geteilt. Ein gutes Mittel mit (weit entfernten) Freunden in Kontakt zu bleiben. Aber es birgt auch eine Veränderung der Kommunikation innerhalb der Gesellschaft: Schnappschüsse statt Kommunikation.

Sprache wird verbildlicht und vergessen. Snapchat lässt weniger die Geschichten hinter den Erlebnissen sprechen, sondern mehr das Ereignis sich selbst darstellen. Sei es nur der neue Song auf Spotify der das Mittagessen in der Cafeteria untermalt.

Es gehen die Inhalte verloren, an die wir uns doch eigentlich so gern zurück erinnern. Das einzige was zählt ist das Gleichgewicht zwischen Senden und Empfangen. Wir sind verloren gegangen im Ereignis selbst, aber haben keinen Bezug mehr dazu. Snapchat schafft einen stummen Raum, in dem wir nur sehen können, dass es uns noch gibt und unsere Freunde.

Rastlos, kurzlebig, augenblicklich – Snapchat

Reine Selbstdarstellung reicht nicht aus, es muss ein Erlebnis, ein Höhepunkt sein. Bedeutet das ständige Teilen von Bildern oder Videos nicht eine Abstumpfung der Anteilnahme, der Selbstreflexion des eigenen Lebens? Auch das hundertste Früchtemüsli muss entsprechend drapiert und der passende Cocktail vor dem Beach-Selfie geordert werden.

Momente jagen scheint in Zeiten von Pokemon Go fast ironisch. Es formt sich eine Gemeinschaft von Selbstdarstellern und Voyeuristen, denen Snapchat eine Heimat bietet. „Die bewusste Wahrnehmung verschiebt sich“, so der Medienwissenschaftler Roberto Simanowski. Die Kommunikation verändert sich also nicht nur durch die digitalen Dienste, sondern auch unsere Selbstwahrnehmung verändert sich.

Dazu entwickelt Simanowski die Thesen, dass hinter dem Narzissmus der Selbstdarstellung die Angst vor sich selbst lauert und das Teilen der Bilder auf Snapchat die Freunde zu einer Reaktion zwingt. Allerdings bleibt das Erzählen durch diese stumme Kommunikation auf der Strecke. Hier müssen wir uns fragen, wie wir in Zukunft mit unseren Freunden und Bekannten kommunizieren wollen und ob Bilder die Sprache ersetzen können.

Alles furchtbar?

Warum? Wir verändern uns ständig und warum sollte sich nicht auch die Art, wie wir miteinander sprechen, mit verändern. Nur weil es vor 30 Jahren nicht die Möglichkeit gab unseren Freunden Bilder von schönen Urlauben oder Restaurantbesuchen zu zeigen, heißt es doch nicht, dass wir die digitale Kommunikation verteufeln müssen.

Es heißt lediglich, dass wir versuchen Momente, die uns gefallen oder in denen wir zutiefst betrübt sind mit den Liebsten in Echtzeit über Messenger zu teilen. Wir teilen uns ihnen mit. Auf eine neue Art und Weise kommunizieren wir. Sicher hat jeder Nutzer seine Präferenzen, an wen er welche Inhalte schickt und wir kennen alle die Permanent-Poster, die unserer Meinung nach viel zu viel Privatsphäre preisgeben.

Wenn wir nach Simanowski unsere Angst vor uns selbst hinter der Selbstdarstellung verbergen, dann liegt es sicher daran, dass in der Moderne allgemein viele Unsicherheiten existieren. Denken wir allein an die Veränderung in der Arbeits- und Beziehungswelt. Wer kennt die brüchigen Biografien in den Lebensläufen nicht, die durch Jobwechsel, Umschulungen, Neuorientierung oder Familienglück entstehen. Vielleicht ist das Teilen nur eine neue Praktik, sich diesen Unsicherheiten entgegen zu stellen und sich seiner Selbst besser bewusst zu werden.

Denn generell ist die Selbstinszenierung schon weitaus länger zu beobachten als die Digitalisierung unserer Umwelt. Nur die Art wie wir sie in unserer Kommunikation ausleben ist neu und auch immer von den politisch, wirtschaftlich und kulturell geteilten Werten abhängig.

Deshalb ist es wichtig, dass wir die Technik verstehen. Und das geht nunmal nur, indem wir sie benutzen. Auch für Unternehmen eröffnen sich hier Möglichkeiten crossmedial zu arbeiten und den Werbemarkt vielfältig zu bedienen. Zukünftig werden solche Strategien immer wichtiger, da der Kunde individuelles Marketing verlangt.

Einmal im Internet, immer im Internet…

Aber wir müssen uns trotzdem in Erinnerung rufen, dass Daten, die einmal veröffentlicht oder verschickt wurden, von Snapchat oder anderen Diensten gespeichert werden können. Auch können Freunde und Bekannte einen Screenshot von geteilten Bildern oder Nachrichten erstellen. Sie als Nutzer können zwar sehen, dass ihre Daten auf dem anderen Smartphone gespeichert wurden, aber an der Tatsache nichts ändern. Denn: einmal im Internet, immer im Internet…

Ein Tipp von uns: Beschränken Sie das Teilen von Bildern und Videos auf Freunde. Wie geht das? Einfach oben auf den kleinen Geist gehen und rechts unter Einstellungen „Wer darf was…“ auswählen. Hier können Sie einstellen, wer Ihre Story anschauen und wer Sie kontaktieren darf.

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